«Es geht nicht um die Verteidigung von Grundannahmen, Werten oder Programmen, sondern um das Erkennen dieser Programme.»
– David Bohm
David Bohm (Quantenphysiker, 1917-1992) widmete sich in den letzten zehn Jahren seines Lebens der Erforschung der Kommunikation in Gruppen. Inspiriert durch die indische Mystik und die Soziotherapie entwickelte er den Dialog zu einer Gesprächsform, die ermöglicht, gemeinsam zu denken, um so im Kollektiv Neues und Kreatives zu erschaffen. Zentrales Element des Bohmschen Ansatzes ist es, Automatismen im Denken und Handeln zu erkennen.
Gewohnheitsmässig ablaufende Prozesse des Urteilens und Strukturierens unserer Erfahrungen sollen wahrgenommen werden, um sie besser zu verstehen und schliesslich überwinden zu können. Die so entwickelte Kraft der nichtbewertenden Bewusstheit bezeichnet Bohm als die eigentliche Intelligenz des Menschen. Sein Verständnis von Dialog legt er in seinem Buch Der Dialog – Das offene Gespräch am Ende der Diskussion dar.
Ältere Wurzeln des Dialogs gehen auf Martin Buber (Religionsphilosoph, 1878-1965) zurück, der in seinen Werken Das dialogische Prinzip sowie Ich und Du den Zusammenhang zwischen Menschsein und Gespräch begründete. Darin skizziert er die Merkmale eines Dialogs und setzt als a priori: «Alles wirkliche Leben ist Begegnung.»
Bubers Augenmerk liegt direkt auf der zwischenmenschlichen Ebene; dem Ich und dem Du im Dialog. Wenn menschliche Begegnung von Wesen zu Wesen und das Infragestellen des Gewohnten aufeinandertreffen, können sich dem Einzelnen wie auch der Gruppe ganz neue Erfahrungswelten öffnen.
«Man kann ein System nicht verändern, wenn sich das Bewusstsein der/des Einzelnen nicht verändert. Bewusstsein kann sich nicht verändern, wenn man ein System nicht als Ganzes betrachtet und erlebt.»
– Otto Scharmer
Aktuellere Entwicklungen des Dialogs finden ihren Ausgangspunkt im Dialog Project am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge:
William Isaacs, Managementberater und Schüler von David Bohm, gilt als führender Praktiker und Theoretiker des Dialogansatzes in den USA. In seinem Buch Dialog als Kunst, gemeinsam zu denken erläutert er, wie der Dialog in Organisationen eingesetzt werden kann.
Peter Senge, Organisationsentwickler und Managementberater, hat in seinem Buch Die fünfte Disziplin die Fähigkeit zum Dialog als wesentliche Voraussetzung für Teamarbeit und -entwicklung definiert und sie in sein Modell der lernenden Organisation integriert.
Freeman Dorothy, Mitbegründer des MIT Dialog Project, führte 1992 den Dialog in Deutschland ein und bildete die ersten deutschsprachigen Dialogprozess-BegleiterInnen aus.
Johannes und Martina Hartkemeyer, beide Schüler von Freeman Dorothy, trugen zusammen mit ihm wesentlich dazu bei, den Dialog im deutschsprachigen Raum zu verbreiten. Ihr gemeinsames Buch trägt den Titel Miteinander denken. Das Geheimnis des Dialogs.
Otto Scharmer, Ökonom, Aktionsforscher und Gründer des Presencing Institute am MIT, wurde mit der von ihm entwickelten «Theorie U» auch in Europa bekannt. Diese geht von der Erkenntnis aus, dass die Wirksamkeit des Handelns am stärksten durch die innere Einstellung der/des Handelnden und der Orientierung auf die Zukunft beeinflusst wird.
mehr: Lernpotenzial, Praxis des Dialogs